Kulturlandschaft:

Das mittelalterliche Leben auf den Geestrücken der

Ammerländer Parallelrippenlandschaft (600 n.Chr. – 1500 n.Chr.)

Ab dem Mittelalter wird der Einfluss des Menschen auf die Landschaft immer deutlicher. Die Siedlungen werden standfest, Kirchen, Klöster und Burgen werden gebaut, und die Oldenburger Grafen werden zur weltlichen Macht. Die Landschaft öffnete sich auf dem Esch, entlang der Bachläufe und in der Peripherie. Neue Siedler veränderten die Landschaft abermals. Im Ammerland kann man viele Spuren des Mittelalters entdecken, wenn man weiß, wo man sie suchen muss.

Bei der mittelalterlichen Geschichte des Ammerlandes konzentrieren wir uns auf die Veränderungen, die Spuren in der Landschaft hinterlassen haben. Die Zeittafel fasst die größeren Bewegungen zusammen. Im Allgemeinen beschreibt sie den Wandel, indem großflächigere Nutzung zu einer offener werdenden Landschaft führt.

Zeittafel

600 n.Chr.-800 n.Chr.

Frühes Frühmittelalter: Siedlungsausdünnung, Wiederbewaldung, umherziehende Bauernstellen

800 n.Chr.-1.000 n.Chr.

Frühmittelalter: Fränkische Herrschaft, Standfeste Bauernhäuser

1.000 n.Chr.-1.300 n.Chr.

Hochmittelalter: Esch und Markgenossenschaft schließen sich; Kirchen

1.300 n.Chr.-1.500 n.Chr.

Spätmittelalter: Bevölkerungswachstum führt zu ersten Siedlungserweiterungen; Verteidigung und Burgen; Köterdörfer

Mittelalter Kapelle von Vreschen-Bokel

Die Bedeutung der Siedlungsnamen

In den Jahren der Völkerwanderung stieg der Waldbestand im Ammerland leicht an. Dies können wir heute aus Pollendiagrammen ablesen. Die Bauern, die im frühen Frühmittelalter im Ammerland siedelten, trafen auf eine Landschaft, die auf den Geestrücken und in den Bachniederungen teilweise bewaldet gewesen sein muss. Es gab jedoch nicht überall Wald. Die Hochmoore entwickelten sich inzwischen zu einer weiträumigen, offenen Landschaft.

Die Lage der Siedlungsplätze, deren Namen auf Bewaldung, Rodung eines Waldes oder eine Wohnstätte hindeuten. Das Bild zeigt eine Zentrierung der Siedlungen um das Zwischenahner Meer. Weitere bedeutende Stätten sind Westerstede, Wiefelstede, Rastede und Querenstede. Außerhalb dieser Kerngebiete entstehen die mittelalterlichen Siedlungen in Waldgebieten und/oder am Wasser.

Das Wasser im Ammerland

Die landschaftlichen Gegebenheiten des Frühmittelalters sind in eindrucksvollerweise in den Siedlungsnamen des Ammerlandes gespeichert. Das beginnt schon beim Namen Ammerland. Das Kreisgebiet wird in Urkunden aus 947 und 980 als Ammere oder Ammeri erwähnt. In ganz Deutschland findet man Bachläufe mit dem Namen Ammer. Das Wort geht auf *Ambra zurück und bedeutet ‚feucht‘ bzw. ‚Wasser‘. Ein Name, der also bis heute bezeichnend ist für das Ammerland bzw. Wasserland, das sich durch den Reichtum der Bachläufe besonders auszeichnet.

Was erzählen die Siedlungsnamen über die Landschaft?

Die ersten Siedlungen werden in einer Urkunde von 1059 erwähnt. Darin werden Barghorn, Bekhausen, Hahn, Hankhausen, Hostemost, Lehmden, Loy, Nethen, Rehorn und Wiefelstede genannt. Einige Namen lassen sich jedoch in ihrem etymologischen Ursprung auf das 9. Jahrhundert zurückführen. Arend Remmers (2008) unterscheidet in seinen Ausführungen zu den Siedlungsnamen des Ammerlandes zwischen Namen, die auf natürliche Gegebenheiten, Kultivierungsbemühungen oder Wohnstätten hinweisen (Abb. 4.1). Damit wissen wir, dass an den Stellen, die für die Siedlungsgründung interessant waren, ein Holzbestand vorhanden gewesen sein muss. Ebenso wichtig für die Siedler war die Nähe zu den Bachläufen.

Waldnamen

Viele Siedlungsnamen der ältesten Siedlungen erzählen von ehemaligen Wäldern. Diese Namensendungen kommen häufig in Flurnamen vor. Sie beschreiben, dass der Acker vor der Urbarmachung bewaldet war.

  • -loh bezeichnet einen offenen Hudewald in Bloh, Bokel, Buttel, Hassel, Nuttel und Scharrel
  • -horst ist eine Anhöhe mit Gestrüpp, wie in Dänikhorst, Gießelhorst, Hostemost, Ihorst
  • -holt steht für hochwachsendes Gehölz in Garnholt, Godensholt, Mansholt, Ocholt und Torsholt
  • -rade bezeichnet eine Rodung, wie in Rastede, Rehorn und Roloye
  • -loge bedeutet gerodeter Platz, wie in Eggeloge, Loy, Roloye, Westerloy
  • Baumnamen sind in Bokel, Ekern, Espern, Hassel, Lindern und Nuttel enthalten

Wohnstätte als Namen

Stätten, Häuser oder Dörfer entstehen in Gristede, Halfstede, Hüllstede, Querenstede, Rastede, Westerstede, Wiefelstede, Aschhausen, Bekhausen, Brokhausen, Hankhausen, Kayhausen, sowie in Elmendorf, Halstrup und Rostrup.

Wassernamen

Apen ist möglicherweise auf das indogermanische *apa- für ‚Wasserlauf‘ zurückzuführen. Das klingt plausibel, wenn man bedenkt, dass die Große Norder- und Süderbäke in das Aper-Tief bei Apen zusammenfließen. Andererseits liegt die Interpretation des plattdeutschen apen als ‚offen‘ nahe, wenn man bedenkt, dass der einzige Zugang von Westen ins Ammerland über die Sandzunge bis nach Apen möglich war.

Oft wird die Meinung vertreten, dass sich das in 1150 erwähnte Adewacht von einer ‚Wache an einer Grenze oder auf dem Wasser‘ ableitet. Dies ist jedoch nur eine der möglichen Ableitungen. Das Ede- kann vom indogermanischen *ad[u] für Bach oder Kanal, von Ade oder Ado für eine Person und vom altfriesischen ed(e) für „brennbaren Torf“ stammen. Interpretationen von -wacht deuten auf ‚Wasser, Flut, See‘ oder ‚Ort, wo der Fluss ruhiger fließt‘ für althochdeutsch wāg/wāc hin. Remmers interpretiert den Namen daher als ‚wogendes Wasser eines Wasserlaufs‘ oder ‚des Ade‘ oder ‚des Moores‘. Albrecht Eckhardt wagt sich an keine Namensinterpretation, da er bisherige Versuche unzureichend findet.

Die Entstehung der ersten Siedlungen mit Esch

Man ließ sich im frühen Frühmittelalter auf den Standorten nieder, die schon für die eisenzeitlichen Bauern interessant waren und zwar auf den hohen und trockenen Flugsandrücken in Bachnähe. Aus diesem Grund trifft man bei Ausgrabungen im Esch oft auf vorgeschichtliche und frühmittelalterliche Siedlungen.

Von umherziehenden zu standfesten Hofstellen

Die Hofstellen zogen im frühen Frühmittelalter auf den Sandrücken umher. Die hölzernen Fundamente verrotteten schnell, sodass die Bauern gezwungen waren, nach einer gewissen Zeit einen neuen Hof zu errichten. Die Bauten und Zäune vom alten Hof nutzte man bestmöglich wieder. Im Laufe der Jahre wurden die Böden an den Stellen der ehemaligen Häuser schließlich durch den tierischen Mist und die menschlichen Abfälle angereichert, sodass sie sich ausgezeichnet für landbauliche Zwecke eigneten. An diesem Ort entstanden später die Äcker der Eschfluren.

Die Höfe von Gristede liegen seit dem 9. Jahrhundert bis heute konstant auf ihren Plätzen. Das beobachtete Dieter Zoller bei den archäologischen Grabungen im Esch und im Dorf. Zu diesem Zeitpunkt werden die Siedlungen im ganzen Nordwestdeutschen und Niederländischen Raum standfest. Darin zeige sich der Einfluss der fränkischen Herrscher. Unter ihrer Verwaltung wurden die umherziehenden Höfe am Rande des Esches dauerhaft standfest. Vermutlich wurde es lukrativer die größer werdenden Wirtschaftsgebäude in Stand zu halten, anstelle sie abzubrechen. Die Bauern konnten zudem unter der neuen Ordnung weniger frei über das Land entscheiden. Die Landnutzung wurde unter den Franken strukturierter.

Frühmittelalterliches Modell einer Eschsiedlung am Beispiel von Osterscheps. Im Frühmittelalter wandern die Höfe häufig an den Rand zwischen sandiger Anhöhe und Bachlauf. Die Ackerflur kann eher als ein Flickenteppich aus blockförmigen Gewannfluren angesehen werden. Den Acker bestellt man mit Roggen, Gerste und Hafer. Hinter dem Acker erstreckte sich ein mehr oder weniger geschlossener Wald, der als Waldviehweide für die Schweine und das restliche Vieh genutzt wurde. Die Bachniederungen waren mit Bruchwald bestanden. Der Rodungsprozess dieser Wälder war beschwerlich, wodurch nur einige wenige Stellen für das Heuen und die Viehweide frei geschlagen wurden.

Wann entstehen die Eschfluren?

Die neuen, standfesten Siedlungen des Frühmittelalters waren meist nicht größer als drei bis fünf Höfe. Ihre Bauern erschlossen gemeinsam den Esch. Daraus ergab sich die Besitzgemengelage, bei der das Ackerland abwechselnd unter den Bauern verteilt wurde. Die Erschließung des Eschs, so wie wir ihn heute kennen, erfolgte in Phasen. Zunächst entstanden blockförmige Fluren auf dem höchsten Punkt der Flugsandrücken. Die Urackerfluren erhielten den Namen „Woor“ oder „Worthe“. Am Beispiel der Urkatasterkarten aus dem 19. Jahrhunderts ist ihre Lage in der Nähe von Osterscheps deutlich zu erkennen.

Die charakteristischen Gewannfluren entstanden erst später als die Eschflur erweitert wurde. Da sie in Form von Wolbäckern angelegt wurden, legte man sie in langen Streifen an um den Pflug möglichst wenig zu wenden. Der Esch wurde in verschiedenen Phasen erweitert. Im Beispiel von Osterscheps erfolgte die Erweiterung mit Fluren, mit den Namen „Block“ oder „Breen“. Der Esch entwickelte sich demnach aus einem Flickenteppich von kleinen Blockfluren der einzelnen Höfe zu einem geschlossenen Ackerkomplex mit langen und streifigen Gewannfluren. Dieser Prozess war im Hochmittelalter (12.-13. Jahrhundert) abschlossen.

Hochmittelalterliches Modell einer Eschsiedlung am Beispiel von Osterscheps. Im Hochmittelalter wurde der Esch zu einem zusammenhängenden Ackersystem mit langstreifigen Parzellen. Er wurde mit einem Eschwall und Graben vom Verbiss von Vieh und Wild geschützt. In der Dreifelderwirtschaft wechselten sich Wintergetreide, Sommergetreide und Brache ab. Die Eschbauern hatten Anteile an allen drei Feldern. Hinter dem Esch erstreckten sich Waldstücke, die in vielfacherweise der Gemeinschaft dienten. Hier weidete das Vieh, fällte man Bäume für den Hausbau, schnitt man Äste für den Kamin und sammelte Blätter als Viehfutter. Die Räume der Bachläufe wurden weiter für die Nutzung als Heuland gerodet.<

Der Esch und die Markegenossen

Der Esch ist das gemeinschaftlich urbar gemachte Ackerland der früh- und hochmittelalterlichen Hofstellen. Diese Gruppe der ersten Siedler schloss sich als Bauerschaft bzw. Markegenossen zusammen. Für diese Eschbauern etablierte sich der Name „Hausleute“ oder „Hausmänner“. In anderen Geesträumen trugen sie den Namen „Vollerben“ oder „Vollmeier“. Sie verwalteten die Bauerschaft eigenverantwortlich, obgleich sie als freie Bauern, Leibeigene oder Eigenhörige der grundherrlichen Abhängigkeit unterstellt waren. Die Eschbauern bestimmten über die Weide- und Flurnutzung in der Bauerschaft vom Frühmittelalter bis weit in das 19. Jahrhundert. Als Markegenossen besaßen sie Anteile an allen Landschaftseinheiten der gemeinen Mark. Das sind der Esch, die Holzungen, die Heide und die Wiesen entlang der Bachläufe.

Von den Anfängen im Frühmittelalter und den ersten Kirchen

Die Landbevölkerung bezahlte mit ihren Pflichtabgaben für den Bau von Klöstern, Kirchen, Burgen und anderen Verteidigungsanlagen. Ihre Abgaben finanzierten den Hof und seine Beamten, das Heer und seine Soldaten, sowie die Kirchen und Klöster mit ihren Priestern, Mönchen und Nonnen. Der Feudalismus war für die hörigen Bauern kostspielig. Ihre Wirtschaftskraft war entscheidend für die Gründung dieser Baudenkmäler.

Im Dunkel des Frühmittelalters

Der fränkische König, Karl der Große, führte im 9. Jahrhundert das System der Grundherrschaft ein. In der Grundherrschaft verpachtete der Grundherr das Land in seiner Herrschaft an die abhängigen Bauern gegen Steuern und Dienste. Im 9. Jahrhundert ging der Zehnte aus dem „silva Ammeri“ also dem Wald Ammeri vermutlich an die Visbeker Kirche. 983 wurde dieser Zehnte an das Kloster Corvey übergeben. Der grundherrschaftliche Einfluss des Klosters zeigte sich in einem Güterverzeichnis aus dem 12. Jahrhundert. Laut diesem Dokument besaß das Kloster neun Höfe in der Bauerschaft Hollwege.

Ausschnitt aus der Karte „Oldenbvrg Comit.“, Kartograph Laurentius Michaelis, beteiligt Abraham Ortelius, erschienen Antwerpen nach 1595.

Nun ist es offensichtlich, dass die Zahlungen des Zehnten nicht aus einem Wald, sondern von den darin lebenden Siedlern geleistet wurde. Zwischen dem 8. und 9. Jahrhundert entstanden neue Siedlungen im Ammerland. Das zeigen die frühmittelalterlichen Erwähnungen der Gau „Ammeri“, der Ursprung der Siedlungsnamen und die archäologischen Funde von Dieter Zoller. Die Bokeler Burg aus dem 8. Jahrhundert als Fliehburg für die Bevölkerung ist ein weiteres Indiz für die frühmittelalterliche Besiedlung. Doch wurden die Siedlungen und Pfarrkirchen erst im 11. Jahrhundert urkundlich erwähnt. Über die Christianisierung und die Gaugrafen des 9. und 10. Jahrhunderts bleiben wir weitestgehend im Dunkeln.

Grabungsplan der Bokelerburg von der Niedersächsischen Landesamt für Denkmalpflege, Stabstelle Oldenburg. In dem westlichen Grabungskomplex wurden in 2013 u. a. Pfosten von Speichern aus der Mitte des 9. Jahrhundert und Eschgräben aus dem 13./14. Jahrhundert gefunden. Die Ausgrabungen der Burg wurden in 1969 von Dieter Zoller durchgeführt. Der 2-Meter hohe, innere Wall umschließt einen Innenraum mit einem Durchmesser von 55 Meter. Der Äußere ist heute nicht mehr zu erkennen. Zoller interpretierte anhand seiner Ausgrabungen, dass die Burganlage nicht dauerhaft belegt wurde. Daraus entwickelte sich die Interpretation der Funktion als Fluchtburg. Die neuen Funde der nahegelegenen Speicher verändert dieses Bild. Michael Wesemann schließt (S. 240):

Die Rolle der Bokeler Burg als Gerichtssitz (…) im Spätmittelalter geht somit auf eine schon frühmittelalterliche Funktion als Verwaltungssitz zurück, der im Konfliktfall außerdem als Fluchtburg diente.“

Das Rasteder Kloster, die ersten Kirchen und die Curia in Querenstede

Als erste Pfarrkirchen wurden die Kirchen in Wiefelstede (1057) und Rastede (1059) gegründet. Die Wiefelsteder Kirche wurde vom Erzbischof Adalbert von Bremen geweiht. In 1063 übertrug König Heinrich der 4. dem Bremer Erzbischof den Zehnten des forestum, also den Wald im pago Ammeri. In dieser Schenkungsurkunde wurden erstmals die Gaugrafen erwähnt. Die Grafen von Stade hatten gräfliche Herrschaftrechte in Rüstringen und im Ammerland. Sie setzten einen gewissen Huno als Sachverwalter ein. Er stiftete die Kirche und das Kloster von Rastede.

Der Zehnte und der Zins wurden zunächst in Naturalien gesammelt. Diese Aufgabe übernahmen die sogenannten Curia bzw. Curtes als Haupthofstellen der Grundherren. Eine solche Curia des Klosters Rastede befand sich in Querenstede. Die Bauern lieferten dort den zehnten Teil ihres Ackerertrages ab. Mit den Kirchen in Zwischenahn, Westerstede, Apen und Edewecht war das Ammerland im 13. Jahrhundert von der „christlichen Glaubenslehre durchdrungen“. Diese Pfarrkirchen wurden allesamt von adligen Ministerialen gestiftet.

Kirche von Wiefelstede
Kirche von Bad Zwischenahn

Die Spuren des Hochmittelalters: Burgen, Kirchen und Heerwege

Die frühmittelalterliche Gauordnung hatte einige Schwachstellen, weshalb sie nur bis etwa 1200 n. Chr. erhalten blieb. Während der frühen Gauordnung waren die geistlichen Herrscher, die stärkste grundherrliche Macht. Wir betrachteten bereits, wie die Zehnten des Ammerlandes in verschiedenen Perioden an die Kirche in Visbek, das Kloster in Corvey und den Erzbischof von Bremen gezahlt wurden. Im Hochmittelalter verlagerte sich die Macht auf die adlig-ritterlichen Grundherren, wobei es den Grafen von Oldenburg gelang die Landesherrschaft über das Ammerland zu übernehmen. Sie setzen sich vor allem durch den Erwerb der Gogerichtsherrschaft in Rastede, Wiefelstede, Zwischenahn und Edewecht durch.

Wir wollen uns an dieser Stelle auf die Spuren in der Landschaft konzentrieren. Der Bau der Kirchen, Klöster, Burgen und daran angeknüpft die Lage der Heerstraßen und Moore war also während dieser hochmittelalterlichen Ordnungsveränderung von Bedeutung. Die ersten „Motten“ entstanden bereits im 8. bzw. 9. Jahrhundert n.Chr. Es handelt sich um die Bokeler Burg und der Vorgänger der Burg Elmendorf. Diese Burgen standen an strategischer Stelle einmal an der Nordsüdachse an der Heerstraße von Jever nach Westfalen, sowie an der Westostachse von Holland über Ostfriesland nach Bremen. Sie zeugen vom alt-ammerschen Adel.

Wie entstand die Verteidigungslinie der Oldenburger Grafen?

Die späteren Burgen errichtete man zu der Zeit, in der die Grafen von Oldenburg ihre Herrschaft zu sichern gesuchten. Sie legten Festungen an den Grenzen ihrer Grafschaft an. Diese Verteidigungslinie umfasste die Burgen bei Burgforde, Conneforde, Dringenburg und später auch Apen, sowie einer Anzahl von Schanzen und Landwehren. Dieter Zoller nennt die Kleinburgen der Oldenburger Ministerialen eine „Art zweite Verteidigungslinie“. Der Ammerländer Adel errichtete sich einen Adelssitz, wenn er es sich leisten konnte.

Zunächst gab es da den älteren Adel, der beispielsweise im 12. Jahrhundert in Elmendorf eine neue Burg auf drei aufgeschütteten Hügeln oder bei Mansingen eine Motte im Niederungsbereich der Großen Süderbäke anlegte. Im 13. Jahrhundert setzte sich unter dem jüngeren Adel der Bautrend der Gräftenburgen durch, die in Loy bei Rastede, Horn bei Gristede, sowie Kayhausen, Specken, Burgfelde-Aschwege und Dänikhorst in der Gemeinde Zwischenahn errichtet wurden. Im 14. Jahrhundert verloren die Burgen bereits an Bedeutung, da sich die Oldenburger Grafen als selbstverständliche Hoheit durchsetzten.

Wir stellen fest, dass die Burgen an strategischer Stelle im Übergang der Bachniederungen, an den Zuwegungen durch der Moore und an Handelsstraßen errichtet wurden. Die landschaftlichen Gegebenheiten waren entscheidend für die Lage der Verteidigungsanlagen im Ammerland.

Karte der Burgen, Landwehre und Schanzen, sowie die Heerwege im Ammerland – Es werden die Phasen, in denen die Burgen entstehen gezeigt. (8./10. Jahrhundert, 10./11. Jahrhundert, 12./14. Jahrhundert) (Basierend auf den Ausführungen von Carl Baasen).

Von den ersten Köterdörfern

Die Entstehungsperiode der Siedlungen mit Esch nennt sich Landnahmephase. Es wird angenommen, dass diese Phase im 13. Jahrhundert abgeschlossen ist. Spätestens aber als von einer neuen Siedlerschicht berichtet wird. Köter siedelten ab dem 14. Jahrhundert im Ammerland. Sie wurden nicht mehr am Grundbesitz der Hausleute beteiligt. Die Bezeichnung Köter für die Neuankömmlinge wurde vom Spätmittelalter bis in die frühe Neuzeit verwendet. Allerdings veränderte sich im Laufe der Jahrhunderte die Bedeutung und die Art des Siedelns. Die ersten Köter hatten vermutlich eine geringe Wirtschaftskraft, sodass sie keine Abgaben zu leisten hatten und entsprechend wenig in spätmittelalterlichen Registern wiedergegeben wurden. Sie siedelten anfangs im Raum der Althofstellen und später in der Gemeinheit.

Im Spätmittelalter entstanden im Ammerland zudem reine „Köterdörfer“. Diese Dörfer wurden in der Nähe einer Burg oder einer anderweitigen Festungsanlage gegründet. Es handelt sich um Burgfelde, Elmendorf, Gießelhorst, Burgforde, Felde und Moorburg. Carl Baasen sucht den Grund ihrer Entstehung in der grundherrlichen Ordnung.

In all diesen Fällen ist es also wahrscheinlich, dass der Graf von Oldenburg, bzw. die Ritter die Ansiedlung der Köter an den betr. Plätzen veranlasst, zum mindesten aber erlaubt haben.”

 

Erstellt im August 2023

Die Autorin dieses Artikels ist Sophie Lindemann.