Agrarreformen: Gemeinheitsteilung, Verkoppelungen, Bauernbefreiung, Fehnsiedlungen, Industrialisierung verbesserte Infrastruktur
1850 n.Chr. – heute
Kulturlandschaft: Zeitgeschichte
Ab 1850 bis heute wandelt sich die Landschaft tiefgreifend. In den verschiedenen Phasen wird die Landschaft immer effizienter und rationaler eingerichtet. Gründe sind die Hochmoorkultivierungen, Verkoppelungen und die aufkommende Industrie des 19. Jahrhunderts sowie der Tiefenumbruch und die Flurbereinigungen des 20. Jahrhunderts. Darüber hinaus etablierten sich die Baumschulbetriebe im Ammerland. Mit der wachsenden Bevölkerung wurden die Siedlungen in den letzten zwei Jahrhunderten verdichtet.
20. Jhd. Aufbau und Ausbau: Kanalerweiterungen, Baumschulen, Siedlungsausbau, Tiefenumbruch, Flurbereinigung
Überblick der Entwicklungen
Welche Agrarreformen fanden im 19. Jahrhundert in der Landwirtschaft statt?
Mit den Gemeinheitsteilungen ging das gesamte Land der Bauernschaften in privates oder staatliches Eigentum über. Mit dem Verkoppelungsgesetz in 1858 folgten Anpassungen des Esch. Da die verstreute Lage der Parzellen auf dem Esch einer rationellen Bewirtschaftung entgegenstand, wurden die Felder zusammengelegt, also miteinander verkoppelt. Damit wurde die jahrhundertelange Nutzungstrennung zwischen Dorf, Feldmark und Gemeinheit vollständig aufgehoben. Die Bauernbefreiung, das heißt die Abschaffung der Leibeigenschaft und die Ersetzung herrschaftlicher Dienste und Lasten zu Beginn des 20. Jahrhunderts, hatte im Ammerland zunächst keine großen Auswirkungen. Zusammengenommen führen diese Agrarreformen jedoch zu einer Verschiebung des Umfangs der landwirtschaftlichen Betriebe. Die Unterscheidung zwischen Hausmann, Köter und Anbauer hatte nicht mehr die Bedeutung wie im früheren Sinne.
Im Ausschnitt der Preußischen Landesaufnahme von 1900 sehen wir die Gemeinde Bad Zwischenahn. Man erkennt die Strukturen der alten Siedlungen, da die Häuser, wie bei Ekern, Specken und Kayhausen, in einem Kern zusammenliegen. Darum herumliegen unregelmäßige, weiße Blöcke, die Äcker und Wiesen andeuten. Es ist nicht zufällig, dass Ekern, Specken und Kayhausen einer imaginären Linie von linksunten nach rechtsoben folgen. Sie liegen auf einer Parallelrippe, die von der Speckener Bäke (in Teilen) begleitet wird. Zwischenahn, ist bereits zu einer kleinen städtischen Metropole herangewachsen. Der Bahnhof liegt noch am Rande der Stadt. Oben rechts neben dem Zwischenahner Meer liegen die Feldsiedlungen Aschhauserfeld und Kayhauserfeld. Die eher unregelmäßigen Grundstücke mit Haus und Kamp reihen sich entlang der Wege. Unten rechts auf der Karte zeigt sich ein Bild der Arbeiten im Moor. Das regelmäßige Grabennetz für die Placken ist bereits angelegt. Sie werden vom Südosten aus nach und nach besiedelt.
Die neuen Siedlungen
Durch die Agrarreformen kann die Landschaft neu eingerichtet und besiedelt werden. Zunächst entstanden die Feldsiedlungen in der Gemeinheit. Mit den Verkoppelungen siedelten einige Bauern aus dem Dorf auf die ihnen zugewiesenen Ländereien um. In Halsbek beispielsweise wurden nicht nur die Eschländerei, sondern auch die Kämpe verkoppelt. Zwei Bauern behielten die Anteile am Esch. Die anderen Bauern verließen das Dorf. Neben diesem Auseinanderfließen der Dörfer auf der Geest entstanden die ersten Siedlungen im Moor. Erst mit der Brennstoffknappheit und den steigenden Torfpreisen wurde der Torfabbau im 19. Jahrhundert interessant. Daraus entstanden die Fehnsiedlungen, wie Augustfehn. Darüber hinaus baute man in verschiedenen Phasen Moorkolonien, wie in Neuengland, Ihorst, Kleefeld, Friedrichsfehn, Petersfehn, Wildenlohsmoor Lehmdermoor, Südbäke, Delfshausen, Kleibrok und Hollen.
Der Einfluss der Industrialisierung und die verbesserte Infrastruktur
Die Verbesserung der Infrastruktur leitete den Weg in die Industrialisierung im Ammerland ein. In 1867 bot die Bahnstrecke von Wilhelmshaven nach Oldenburg einen Bahnanschluss in Rastede. In 1869 folgte die Bahnstrecke zwischen Leer und Oldenburg mit Halt in Augustfehn, Ocholt und Zwischenahn. Der aufkommende Fernverkehr legte den Grundstein für den Kurbetrieb in Bad Zwischenahn. Entlang der Bahnhöfe festigten sich zudem die ersten Industriebetriebe, wie zum Beispiel die Eisenhütte und das Stahlwerk in Augustfehn. Daneben wurden kleinere Betriebe wie Mühlen und Sägewerke gegründet. Die wachsende Bevölkerung benötigte nicht nur den Torf als Brennstoff aus dem Ammerland. Die Ziegeleien in Hahn-Lehmden, Lehe, Osterscheps oder Jeddeloh versorgten ganz Niedersachsen mit Baumaterial.
Die Preußische Landesaufnahme zeigt die Situation um die Jahrtausendwende des 19. Jahrhunderts. Im Zentrum der Karte liegt der Augustfehnkanal, der in das Aper Tief mündet. In Augustfehn erkennt man die Eisenhütte an dem schwarz markierten Gelände. Die Eisenbahnstrecke kreuzt den Kanal nördlich von der Eisenhütte. Oben links ist die Fehnsiedlung von Süd-Georgsfehn zu sehen, wo das Moor bereits abgetorft und zu Grünland umgewandelt wurde. Oben rechts beginnt heute Ihausen. Dort sieht man wie neue Gräben ausgehoben wurden, aber es noch keine Kolonate gibt.
Ab dem 19. Jahrhundert produzierten die Bauern Waren für den Absatz in der Stadt. Dadurch entwickelte sich im Ammerland langsam eine Agrarindustrie, die sich auf die Schweinezucht und die Herstellung von Fleischwaren spezialisierte. Im Dorf führte dies vor allem zu eine neue Einrichtung der Wirtschaftsgebäude und Modernisierungen in der Landwirtschaft. Im Ortskern traf man fortan auf Geschäfte, Handwerksbetriebe und Gaststätten. Neben der Eisenbahn dienten neue Chausseen der Verbindung der Hauptortschaften mit Oldenburg. Mit dem Wegebau gingen Entwässerungsmaßnahmen einher, die nach und nach bis Anfang des 20. Jahrhunderts die Kultivierung der Hochmoore ermöglichten.
Welche Transformationen durchläuft die Landschaft seit der Mitte des 20. Jahrhunderts?
Im 20. Jahrhundert wurde die Landschaft durch die Flurbereinigungen, dem Tiefenumbruch und die Siedlungsausbauten weiter überformt. Das „Gesetz über die Umlegung der Grundstücke“ aus dem Jahre 1920 hatte vor allem das Ziel, die Existenz kleinerer landwirtschaftlicher Betriebe zu sichern. Mit der „Reichumlegungsordnung“ von 1937 wurde die Bewirtschaftung der Moor- und Heideflächen stärker gefördert. Mit dem „Flurbereinigungsgesetz“ von 1953 sollten Bodenverbesserungsmaßnahmen zu einer Steigerung der landwirtschaftlichen Produktion führen. Hierzu wurden die restlichen Heide- und Moorflächen bis zu einer Tiefe von 2,20 Metern umgebrochen. Ende der 1950er Jahre begann der Wohnungsbau in den Dörfern, so dass viele Heimatvertriebenen und Flüchtlinge im Ammerland eine Heimat fanden. In manchen alten Dörfern findet der Siedlungsausbau nicht im historischen Ortskern statt. So entstanden im Bereich der Feldsiedlungen von beispielsweise Osterscheps und Ocholt die neuen Versorgungszentren der Dörfer.
Bis dato hatten die Flurbereinigungen das Ziel der Ernährungssicherung. In den 1960er Jahren führte die Steigerung der landwirtschaftlichen Erträge erstmals zu einem Preisverfall in Europa. Das neue Ziel der Flurbereinigung wurde deshalb der Abbau des Überschusses. Die Erneuerung des Flurbereinigungsgesetzes von 1976 hatte die Ziele, den landwirtschaftlichen Besitz neu zu ordnen, naturnahe Räume zu erhalten und neue Industrie und Gewerbe anzusiedeln. 1981 folgte das Niedersächsische Naturschutzgesetz mit Maßnahmen zur Erhaltung der Kulturlandschaft und des Naturhaushalts. Der jüngste Wandel im ländlichen Ammerland wurde durch die staatlich geförderte Dorferneuerung erreicht, bei der die alten Dorfkerne saniert wurden.
Von Buchweizenbrandkultur über Torfstich zur Fehnsiedlung
Bis ins 19. Jahrhundert spielte sich das Leben in den Geestgebieten des Ammerlandes ab. Obwohl das Moor genutzt wurde, war es zu nass und unwegsam, um daraus einen Lebensraum zu schaffen. Die großen Hochmoore, die das Ammerland wie ein Hufeisen umgaben, boten bis in die Neuzeit Schutz vor feindlichen Truppen. Allerdings erschwerten sie auch den Austausch mit den umliegenden Geestgebieten. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts schaffte man neue Siedlungen für die wachsende Bevölkerung im Moor. Die Landschaft wurde abermals tiefgreifend verändert.
Wie wurde das Moor genutzt?
Das Moor war zu nass, um darin zu leben. Dennoch hatte es für die einzelnen Bauerschaften einen gewissen Nutzen. In Westerloy, Howiek, den beiden Schepsen, Jeddeloh und anderen Dörfern, die am Moor lagen, trieben die Berechtigten ihre Schafe zur Weide ins Moor. Darüber hinaus konnte man bei der Regierung die Ausweisung von Placken für den Anbau von Buchweizen beantragen. Bei der Brandkultur wurde im Frühjahr die oberste Schicht des Moores zum Trocknen gehackt. Dann wurde die Fläche in Brand gesteckt. Es brannte bis zu den Grenzgräben aus. Der Buchweizen wurde in die Asche gesät. Diese Praxis konnte einige Jahre lang ausgeführt werden, bis das Gebiet jahrzehntelang in Ruhe gelassen werden musste. Mit dem zunehmenden Brennholzmangel begannen die Ammerländer Bauern, im Moor Torf für den Eigenbedarf zu stechen. Der Moorvogt entschied, wer und wo der Torf gestochen werden durfte. Diese Orte sind noch heute an ihren Namen zu erkennen, etwa die „Bockler Torf-Spete“ oder der „Kayhauser Torfspitt“.
Der Kayhauser Torfspitt dient heute als Lehrtstelle über die Entstehung des Moores. Er liegt in den Restmoorflächen des Kayhausermoores.
Die Fehnsiedlungen
Eine Fehnsiedlung ist eine planmäßig angelegte Siedlung in einem Moor (Fehn, Venn = Sumpf, Moor). Die Siedlungsaktivitäten wurden von der Landesregierung oder einer Genossenschaft geplant und durchgeführt. Durch das Graben eines Kanals drang man in das Innere des Moores vor. Dies ermöglichte den Torfabbau. Die Fehnsiedlungen sind noch heute an der gleichmäßigen Aufteilung der senkrechten Gräben zu erkennen, die die Grenzen der einzelnen Kolonate markieren. Im Ammerland begann man relativ spät mit der planmäßigen Abgrabung des Moores. Im 19. Jahrhundert wurden die Torfpreise für die Investition in einen Kanal lukrativ. Jetzt brauchten nicht nur die Städte, sondern auch die neuen Industrien wie die Ziegeleien mehr Brandstoff.
Augustfehn entstand nach dem Vorbild der ostfriesischen Fehnsiedlungen. Erste Pläne gab es bereits 1822, doch erst 1841 wurde der erste Kanal zwischen dem Aper Tief und dem Hochmoor gegraben. Bis in das Jahr 1846 wurde der Kanal weiter in das Moor vorgeschoben. Anfangs lebten die Kolonisten in Plaggenhütten. Dabei handelte es sich um Hütten mit Wänden aus Torfsoden oder Heidplaggen und einem Dach aus Brettern. Diese Hütten konnten auf dem Moor stehen. Erst nachdem die Kolonisten genügend Torf abgebaut und verkauft hatten, konnten sie mit staatlicher Hilfe ein festes Haus am Kanal bauen.
Das Moorbrennen im Ammerland in einem Kupferstich aus dem 19. Jahrhundert (Quelle: Eckhardt).
Die Moorkolonien
Moorkolonien sind meist ohne übergeordnete Planungsinstanz entstanden. Ihre Kolonate haben einen größeren Umfang, so dass die Siedlungsstruktur der von Feldsiedlungen ähnelt. Vor allem gibt es keinen zentralen Kanal, über den das Moor entwässert und der Torf abtransportiert wird. Bei der deutschen Hochmoorkultur handelt es sich um Siedlungen, die auf dem heilen Moor entstehen. Es wurde auf die Torfgewinnung verzichtet. Den entscheidenden Wandel brachte der Kunstdünger, durch den das Moor bereits vor dem Abtorfen kultiviert werden konnte.
Die Entstehungsgeschichten der Moorkolonien kann sehr unterschiedlich sein. Im Spannungsfeld zwischen den landwirtschaftlichen Möglichkeiten, der marktwirtschaftlichen Nachfrage und dem Ausbau des Straßennetzes können die Gründungsgeschichten der Moorkolonien je nach Epoche und sogar innerhalb einzelner Gemeinden unterschiedlich sein. Da wären die Kolonate im Nordloher Moor und Bokelermoor in der Gemeinde Apen, der Karlshof, das Hollweger Moor und Neuengland in der Gemeinde Westerstede, Petersfehn und das Kayhausermoor in der Gemeinde Bad Zwischenahn und das Lehmdermoor, An der Südbäke, Delfhausen und das Ipwegermoor in der Gemeinde Rastede. Hollen in der Gemeinde Wiefelstede hat Eigenschaften einer Feldsiedlung und einer Moorkolonie. Wir betrachten beispielhaft die Entstehungsgeschichte der Moorkolonien in Edewecht.
Die Moorkolonien und Fehnsiedlungen in der Gemeinde Edewecht
In der Gemeinde Edewecht entstanden sowohl Moorkolonien als auch junge Fehnsiedlungen. Der Wildenlohsweg zwischen Edewecht und Oldenburg ermöglichte die Moorkolonate im Wildenlohsmoor. Die ersten Siedler beantragten den Bau neuer Kolonate entlang dieses Weges auf Höhe Kleefeld. Die Regierung wies daraufhin weitere Placken in Richtung Klein Scharrel aus, wodurch die ersten Kolonate von Friedrichsfehn entstanden.
Das im Moor gewonnene Land bot weitere Möglichkeiten, die Fortbewegung zu erleichtern. So berichtet der Zeitungsartikel über die Errichtung einer Chaussee zwischen Oldenburg und Friesoythe, die quer durch die Gemeinde führt. Das Zeitungsblatt „Nachrichten für Stadt und Land“ legt 1892 Nachdruck auf Finanzierung des Projektes:
„…, so daß also die außerhalb des Amtsbezirks wohnenden Fuhrwerke den größten Teil des Chausseegeldes aufzubringen haben, was auch vollkommen gerechtfertigt ist, weil diese ja thatsächlich die Chaussee am meisten gebrauchen und abnutzen. Der Staat hat übrigens bei dieser Anlage ebenfalls ungemein gute Geschäfte gemacht, die Moorkolonate steigen im Werte um 100-200%.“
Zeitungsartikel vom 9. August 1892 in „Nachrichten für Stadt und Land.“ über die zweite Chaussee durch die Gemeinde Edewecht (Quelle: Landesbibliothek Oldenburg).
Zeitungsartikel vom 4. Juli 1918 in „Der Ammerländer“ über den Besuch des landwirtschaftlichen Vereins bei den Bauarbeiten am Hunte-Ems-Kanal (Quelle: Landesbibliothek Oldenburg).
Der Hunte-Ems-Kanal, der von Oldenburg aus durch das Vehnemoor gegraben wurde, diente zur Entwässerung des Moores. Das Kanalprojekt begann 1855 und endete 1893. Zur Verarbeitung und Verkauf des Torfs wurden Ende des 19. Jahrhunderts zahlreiche Torfwerke, Torfstreufabriken und Moorbetriebe gegründet. Entlang des Kanals entstanden die Siedlungen Husbäke, Süddorf, Hogenset und Mosleshöhe. Sie haben einen Fehnsiedlungscharakter. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde der Hunte-Ems-Kanal zu einem Schifffahrtskanal ausgebaut, der das Ruhrgebiet mit der Unterweser verbinden sollte. Die neuen Arbeitsplätze zogen neue Bewohner in die Moorsiedlungen. Der Küstenkanal wurde 1935 in Betrieb genommen.
Baumschullandschaften
Die Baumschulen sind heute ein fester Bestandteil des Ammerländer Landschaftsbildes. Die ersten Pioniere brachten im 19. Jahrhundert die ersten Rhododendren ins Ammerland. Die ältesten Baumschulen etablierten sich Anfang des 20. Jahrhunderts. Nach der Zerstörung vieler Pflanzen nach dem Zweiten Weltkrieg konnten die meisten Baumschulen ihren Betrieb wieder aufnehmen. Mit großem Erfolg: Heute befinden sich mehr als die Hälfte der niedersächsischen Baumschulen im Ammerland.
Wieso kamen die Baumschulen in das Ammerland?
Der Naturraum des Ammerlandes eignete sich wegen der Parallelrippenstruktur besonders gut für die Baumschulen. Dies liegt an dem kleinräumigen Raster, in dem sich die Geestrücken und die feuchten Niederungen abwechseln. Mit den humusreichen Böden im Bereich der Eichen- und Kiefernwälder, dem günstigen Wasserhaushalt durch den hohen Grundwasserspiegel und der hohen Luftfeuchtigkeit von der Nordsee erfüllt das Ammerland im Besonderen die Voraussetzung für die Rhododendron- und Azaleenkultur. Diese Bedingungen finden sich in den Gemeinden Bad Zwischenahn und Westerstede. Dementsprechend gibt es in beiden Gemeinden die meisten Baumschulen und Gartenbaubetriebe.
Beginn der Garten- und Baumschulbetriebe
Als Begründer des Baumschulgebietes gilt der Rasteder Hofgärtner Christian Ludwig Bosse, der im 19. Jahrhundert mit der Anzucht von Rhododendron begann. Im Jahr 1845 gründete in Westerstede-Klamperesch G.H. Böhlje eine Rhododendronkultur, weitere Kulturen wie Rosen und Obstgehölze folgten. Um 1935 gab es ca. 40 nennenswerte Baumschulbetriebe. Nach dem 2. Weltkrieg sollten auf Anordnung der Militärregierung alle Baumschulgehölze entfernt werden, um Kartoffeln, Gemüse und Getreide anzubauen. Viele Mutterpflanzen konnten durch Umpflanzen in die Wälder gerettet werden. Anfang der 50er Jahre gab es wieder ca. 50 Baumschulen. In den folgenden Jahrzehnten wächst die Branche kontinuierlich, viele Baumschulen entstehen aus landwirtschaftlichen Betrieben. – Ein Beitrag von Cornelia Lüttmann des Bundes deutscher Baumschulen.
Seit 1976 ist die Lehr- und Versuchsanstalt für Gartenbau in Rostrup angesiedelt. Nach der Landesgartenschau im Jahre 2000 wurde das Gelände des Niedersächsischen Gartenkulturzentrums zum „Park der Gärten“ umgewandelt. Die Ausstellung zeigt den Sicherheitsgarten mit über 2000 Arten und Sorten von Rhododendren, Azaleen, Nadelbäumen, Heidekrautgewächsen und Stechpalmen.
Spuren der Moderne: Geschichten vom Landleben
Niemand kennt die Landschaft ihrer Heimat besser als die Ammerländer selbst. Aus diesem Grund haben wir mit drei Ortsbürgervereinen über die Veränderungen der Landschaft in den letzten 50 bis 70 Jahren gesprochen. Wir trafen uns mit dem Ortsbürgervereinen aus Vreschen-Bokel, Osterscheps und der Seniorengruppen aus Wiefelstede. Die Teilnehmer der letztgenannten Gruppe kommen hauptsächlich aus Hollen.
Die natürlichen Voraussetzungen von Vreschen-Bokel und Osterscheps sind ähnlich. Dementsprechend gleichen sich die Erfahrungen in beiden Dörfern. Der Raum der Bauernschaften konzentriert sich auf den von Mooren umgebenen Flugsandrücken. Dort ist der Esch früher wie heute das hochwertigste Ackerland. Hollen liegt auf einem dünnen Sandrücken im Moor. Als junge Moorkolonie sind die Acker der Kolonate ärmer als auf den Eschfluren der Geest. Charakteristisch für das Ammerland ist, dass in allen drei Gebieten die Umgebung um den Siedlungskernen feucht war.
Die Dörfer verbinden ein paar Gemeinsamkeiten. Zum einen sind für alle die Bachläufe von Bedeutung. Die Teilnehmer erinnerten sich an die großflächigen Überschwemmungen im Herbst, das kilometerlange Schlittschuhlaufen im Winter und das Baden im Sommer. Zum anderen wäre da, das Torfstechen für den Eigenbedarf. Dies taten die Vreschen-Bokler und Osterschepser auf den dafür vorgesehenen Flächen im Moor. Die Holler konnten den Torf auf ihrem Grundstück stechen. Viele der Teilnehmer sprachen auch über die Bedeutung der Schulen und Gaststätten im Dorf.
Schauen wir genauer ins Detail, wird deutlich, dass das Leben auf der Geest und im Moor unterschiedliche Anforderungen hatte. Die Vreschen-Bokler und Osterschepser verdienten ihren Lebensunterhalt mit der Viehhaltung und den Erträgen vom Esch. In den 1970er Jahren veränderte der Übergang von Kohl und Rüben zu Mais als Tierfutter die Landschaft. In Vreschen-Bokel hat dadurch der Mais den Mischanbau auf dem Esch abgelöst. In Hollen versorgte man sich mit der Landwirtschaft selbst. Sie hatten ihren Acker hinter dem Hof und waren für die Entwässerung über die Gräben verantwortlich. Wenn die landwirtschaftliche Arbeit nicht ausreichte, arbeiteten einige der Kolonisten in der Ziegelei Hahn-Lehmden. Damit einher ging ein soziales Gefälle, das heute glücklicherweise nicht mehr aktuell ist, früher aber eine Art Abstufung von „denen im Moor“ begleitete.
Im gemeinsamen Gedächtnis der Workshop-Teilnehmer treten drei große landschaftliche Veränderungen auf: die Kanalisierung der Bäche, der Tiefenumbruch und der Siedlungsausbau. In Vreschen-Bokel und Osterscheps sollte durch die Begradigung der Auen den Überschwemmungen entgegengewirkt werden. Der Tiefenumbruch blieb allen Teilnehmern eine besonders starke Erinnerung. Die großen Ottomeier, die Lokomotiven ähnelten, zogen mannshohe Furchen durch den Boden. Dadurch verschwanden Heiden, Moore und Birken aus der Landschaft. In den 60er Jahren wurde in den fast leeren Raum zwischen Osterscheps und Westerscheps in kürzester Zeit eine neue Siedlung gebaut. Die Dorferneuerung der 90er Jahre brachte den Osterschepsern zudem eine neue Feuerwache.
Aus diesen Erfahrungsberichten lernen wir, dass sich die Landschaft im Ammerland in den letzten Jahrzehnten verändert hat. Überall in der Landschaft finden wir heute noch Elemente, die von früheren Zeiten zeugen. Seien es die Namen, die auf alte Moorflächen hinweist, die Altarme der Auen, die den früheren Verlauf zeigen, oder die früheren Gaststätten, die für die Dorfgemeinschaft von Bedeutung waren. Vielleicht erinnern auch Sie sich an die frühere Landschaft ihres Dorfes. Wir laden Sie herzlich ein, Ihr Wissen über die Kulturlandschaft im Kulturkieker zu teilen.
„Baven Water“ in Osterscheps trifft man auf Acker und Grasflächen umrahmt von Wallhecken. Im Hintergrund sind Eichen entlang des Weges gepflanzt.
Erstellt im August 2023
Die Autorin dieses Artikels ist Sophie Lindemann.