Detailstudie
Esch von Osterscheps
Die Landschaft des Mittelalters wurde durch die Wirtschaftsweise der Eschbauern weiterentwickelt. Diese Markengenossen verwalteten bis weit ins 19. Jahrhundert hinein die Rechte am Ackerland, an der Gemeinheit, am Wald und an den Wiesen. Besonders eindrucksvoll lässt sich die Entwicklung des Esch ab dem Frühmittelalter am Beispiel Osterscheps darstellen.
Wir betrachten die Urkatasterkarte, die zwischen 1840 und 1841 von Osterscheps gezeichnet wurden. In einem GIS wurden die Informationen über die Namen der Eigentümer, deren bäuerlicher Stand, die Flurbezeichnungen und die Kulturart auf den Fluren aus den Flurbüchern an diese Karte geknüpft. Zusätzlich bieten die Namenslisten im Anhang von Carl Baasen (1927) einen Einblick in die Siedlungsentwicklung während der Neuzeit. Wir betrachten die Strukturen, Namen und die Besitzverhältnisse der Fluren, die uns bis ins frühe Mittelalter zurückführen können. Dies können wir tun, da wir im Nordwesten Deutschlands mit einer Kontinuität zu tun haben. Wenn sich eine Hofstelle an der Urbarmachung eines Ackers beteiligt, dann behält sie ihren Anteil an dem Acker über Jahrhunderte in ihrem Besitz. In diesen Ausführungen werden die Namen der Hofstellen aus den Flurbüchern des 19. Jahrhunderts verwendet.
Der frühmittelalterliche Kern - Worthe
Heute erkennen wir den Esch als einen zusammenhängenden Ackerkomplex. Die Kuppel des Eschs ragt leicht über die restliche Landschaft hinaus. Dieser Anblick ist das Resultat jahrhunderterlanger Veränderungen in der Landwirtschaft vom frühen Mittelalter bis in die Neuzeit. Im Früh- und Hochmittelalter können wir eher von einem Flickenteppich aus Gewannen als einem geschlossenen Ackersystem sprechen. Genau hier beginnt die Entwicklung des Eschs von Osterscheps.
Vor der fränkischen Zeit, also vor rund 900 n.Chr., sind die Bauernhäuser keineswegs standfest. Sie ziehen im Raum des Eschs regelmäßig um. Diese Praxis kommt mit der Etablierung der fränkischen Grundherrschaft zu einem jähen Ende. Die Höfe werden standfest. Diese drei bis sechs, locker verteilten Höfe wandern an den Rand der späteren Eschfluren. Der Acker der frühmittelalterlichen Hofstellen nennt sich „Woor“, „Worthe“ oder „Warthe“. Wir treffen In vielen ammerländischen Eschsiedlungen auf diese Flurbezeichnung. Charakteristisch für die Worthe-Fluren ist ihre blockförmige, teils quadratische Struktur. Sie befinden sich ausschließlich im Besitz der ältesten Hofstellen. In Osterscheps sind dies Haukje, Röbber und Öllien (Ströjestelle).
Die hochmittelalterliche Bauerschaft – Block und Breen
Die ersten Escherweiterungen wurden in länglichen Blöcken angelegt. Diese Fluren wurden eingezäunt und erhielten einen entsprechenden Namen. Dazu können u.a. die Bezeichnungen „Wand“ oder „Block“ gehören, die auf einen (Flecht-)Zaun hinweisen. Letztere Bezeichnung ist im Ammerland üblich. Unter anderem begegnen uns „Blockstücke“ in Zwischenahn, Hüllstede und Halsbek, „Breeblock“ und „Blöcker“ in Westerloy, „Strotblöcker“, „Sodblöcker“ und „Vordeblöcke“ in Linswege, „Steenblöcker“ in Apen, „Wiedblöcker“ in Rostrup, „Waterblöcker“ in Edewecht und „Lienblöcke“ in Vreschen-Bokel.
In Osterscheps befinden sich die größten „Blöcker“-Fluren im Besitz der Althofstellen Haukje, und Öllien. Dazwischen liegt eine Flur der Edewechter Kirche. Außerhalb dieses Kerns liegen schmalere Fluren, die den Hofstellen Röpken, Schröder, den Edewechter Armen, Haukje und Öllien zuzuordnen sind. Aufgrund der unterschiedlichen Struktur ist es möglich, dass es sich um spätere Erweiterungen bei der Errichtung der neuen Höfe handelte.
Anschließend folgt eine weitere Stufe des Eschausbaus. Zwischen dem 10. und 11. Jahrhundert erfolgte die Umstellung auf breitere und längere Ackerfluren. Diese erhalten den Namen „Breen“ wie in Hüllstede, Espern, Vreschen-Bokel und Ohrwege oder „Breeden“ wie in Seggern und Hollwege.
In Osterscheps sind die Fluren des „Breenlande“ im Vergleich zu umliegenden Fluren kürzer und breiter. Haukje besitzt zwei der vier Parzellen. Die anderen zwei gehören Öllien und Röbber. Auffällig ist die Anwand am Ende des Gewanns. Es zeigt, dass dieser Acker als Wölbacker mit einem Wendepflug bearbeitet wurde (Abb. 7.2). Die Besitzverhältnisse des „Langenbrehen“ zeugen von der Ausweitung der Bauerschaft. An der Urbarmachung beteiligten sich neben Öllien (Ströjestelle), die neuen Hofstellen von Schröder, Öllien (Röbenstelle), Wittjen, Gehrels und Röpken. Die Edewechter Kirche erhält ebenfalls eine Flur. Damit lässt sich anhand der Altflurkerne und der Höfelisten die Entstehung der Markengenossenschaft bis ins Hochmittelalter zurückverfolgen. Wir sehen auch, dass sich zu diesem Zeitpunkt noch kein geschlossener Eschkomplex gebildet hat. Das folgt später.
Der Esch schließt sich am Ende des Hochmittelalters - Acker
Ab dem 12. Jahrhundert wurden die Fluren im Vergleich zu den „Breen“-Fluren etwas kürzer und schmaler. Charakteristisch für diese Phase der Eschurbarmachung sind Namen, die auf die ursprünglichen natürlichen Verhältnisse verweisen. Dabei kann es sich um Bezeichnungen für offene Heide- oder Moorgebiete handeln, wie beim „Mooracker“ von Hollwege und Vreschen-Bokel. Vor allem aber stechen die Flurnamen heraus, die darauf hinweisen, dass ein Wald gerodet wurde. Das kann die Bezeichnung holt wie bei „Holtackers“ im Esch von Torsholt oder „Holtworde“ in Lindern sein, loo wie bei „Lohstücke“ in Westerstede, strubben oder stobben wie bei „Stubbackers“ in Rostrup und rot oder rode wie bei „Rahden“ in Eggeloge.
In Osterscheps ist es schwieriger, genau zuordnen, welche Gewanne zur Schließung des Eschs führten. Ihrer Struktur und der Besitzverhältnisse nach sind dies der „Westeresch“, „Möhlenacker“, der „Hüsacker“, „Neuen-Acker“, „In de Grohen“, „Stegehorn“, „Dammstücke“ und „bei der Strot“. Die Anteile an den Fluren zeigen, dass die älteren Hausmannstellen von Haukje, Öllien (Ströjestelle) und Röbber, sowie die jüngeren Hausmannsstellen Wittjen, Gehrels, Schröder und Öllien (Röbenstelle) an der Urbarmachung beteiligt waren. Zudem besitzen die Kirche von Edewecht und die Köter Röpken und Braje einige der Fluren.
Nun ist es sehr ungewöhnlich, dass Köter an Eschfluren beteiligt werden. Vor allem ist der Umfang des Besitzes von Röpken eher mit dem der jüngeren Hausmannstellen vergleichbar. Entweder handelt es sich hier um eine Teilung der Hofstellen von Röpken und Braje. Die beiden Hofstellen liegen im Dorf nebeneinander. Allerdings wäre dann zu erwarten, dass sie zu einer Halbmeierstellen abgestuft werden würden. Eine andere Möglichkeit besteht darin, dass sich der Esch erst später und zwar im 14. oder 15. Jahrhundert schloss, als sich die Köter der Dorfgemeinschaft anschlossen.
Die neuen Höfe der frühen Neuzeit
Die Analyse der Fluren und Besitzverhältnisse führt uns weiter in die frühe Neuzeit. In den Höfelisten können wir sehen, welche Hofstellen zur Dorfgemeinschaft hinzukommen. Auf der Karte aus dem Urkataster erkennen wir ein deutliches Schema, in welcher Reihenfolge Osterscheps weiter besiedelt wurde.
Die neue Siedlerschicht, der Köter, kommt vor allem ab der frühen Neuzeit zur Dorfgemeinschaft hinzu. Sie leitet eine Wende im sozialen Gefüge der Bauerschaft ein. Überall im Ammerland sind bis heute Bezeichnungen zu finden, die den Bauernhörn der Vollmeier von dem Köterhörn der Köter trennt. Die Ausbaumöglichkeiten des ackerfähigen Landes sind in der Neuzeit erschöpft. Der Esch kann nicht weiter erweitert werden. Deshalb erhalten sie keinen Anteil am Esch und haben entsprechend weniger Rechte in der Bauerschaft. Vielmehr wird ihnen eine Stelle in der Gemeinheit ausgewiesen, auf der sie ein Haus mit einem kleinem Acker, einem Kamp, bauen können.
In Osterscheps können wir das hinzukommen neuer Köter in den Listen aus 1627 und 1681 nachvollziehen. Neben Braje und Röpken kamen in 1627 die Köter Behrens, Otten, Oltmans (Öllien), Oltmer und Timmen zum Dorf hinzu. Ihre Hofstellen liegen im Nordwesten der Vollhöfe. Die Hofstellen dieser Köter liegen im Nordosten des Bauernhörns, also der Vollmeierstellen. In der nächsten Liste aus 1681 kamen weitere Köter zur Dorfgemeinschaft hinzu. Das waren Strothoff, Hinrichs, Martenjanz, Röben, Antons, Brunsen und Behrens. Diese Köterstellen wurden im Nordwesten von den älteren Köterstellen ausgebaut. Sie liegen heute an der Osterschepser Straße. In der Liste von 1681 wurden 10 neue Köter erwähnt. In 1842 sind einige der Stellen zusammengelegt. So besaß der Vollmeier Öllien auf der Ströjestelle mehrere Koten. Otten, Hinrichs, Röben und Behrens waren im Besitz von je zwei Hofstellen. Die Namen der Eigentümer entsprechen dem Flurbuch aus 1870.
Die Gemeinheitsteilungen
Nachdem teilweise unter Protest der Vollmeier die Gemeinheit immer weiter besiedelt wurde, folgte im 19. Jahrhundert eine Neugestaltung der Rechtsverhältnisse. Bei den Gemeinheitsteilungen wurde die Gemeinheit in Fluren geteilt und an die Berechtigten als Privatbesitz vergeben. Die neuen Fluren mussten in Kultur gebracht werden. Nur die wirtschaftlich stärksten Höfe konnten es sich leisten das neue Land zu kultivieren, was so viel bedeutete wie einen Graben zur Entwässerung zu ziehen und das Land für die Bewirtschaftung vorzubereiten. Ohne Kunstdünger war diese Arbeit schwierig, sodass einige Bauern ihre Stücke an Anbauern gaben. Diese nutzten die Chance ein Haus zu bauen und einen eigenen Acker zu bewirtschaften, den schlechten Bodenqualitäten der alten Gemeinheitsflächen zum Trotz.
In Osterscheps sind das die westlichen Flächen mit dem Namen Westereschkamp, Grote Wiske mit Baven de Grote Wiske, Heidkamp und Reitwiske mit Baven de Reitwiske. Die neuen Anbauern sind Janssen, Bölts, Martens, Meinen, Mohrmann und Sandstede. Viele der Fluren blieben aber im Besitz der alten Hausleute, wie Schröder, Röbber, Öllien und Haukje. Sie legten Laubwälder auf der Reitwiske, Im Westereschkamp und im Ströjemarr an. Einige der Flächen wurden als Neuland oder unkultiviertes Land im Kataster vermerkt.